Neuer augenärztlicher Experte auf dem Gebiet des Binokularsehens

von Wolfgang Raab (Kommentare: 2)

Mein „kurzer“ Weg zum Facharzt für Augenheilkunde – mit „kleinem“ Umweg über die Augenoptik

Mit 50 wurde ich Augenarzt. Da hatte ich mich bereits über 45 Jahre mit Brillen und dem guten Sehen beschäftigt. Wie kam es dazu?

Schon im Vorschulalter faszinierten mich Brillen in der Werkstatt des elterlichen Betriebs. Insbesondere solche aus Zelluloid, die ich solange in der Ventilette erhitzte, bis die Flammen schlugen. Da funkte es auch bei mir: „Sowas mit Brillen ist eine feine Sache!“

Im Anschluss an die Schule absolvierte ich dann folgerichtig die Lehre zum Augenoptiker. Nach der Gesellenzeit entschied ich mich für ein Studium an der „SFOF“ (Staatliche Fachschule für Optik und Fototechnik) in Berlin.

Nach ein paar Wochen auf den alten Holzklappsitzen am Einsteinufer taten sich für mich neue Erkenntniswelten auf. Großartige Dozenten wie Dr. Helmut Goersch und Prof. Ralph Krüger ermöglichten mir neue, faszinierende Einblicke in die binokulare Welt. Von meinem Vater wusste ich, dass er mindestens dreimal (!) in seiner jahrzehntelangen beruflichen Laufbahn am Maddox-Kreuz gefundene prismatische Korrektionswerte auch in Brillen realisiert hatte. Diese Kunden dankten es ihm mit besonderer Treue. Darüber sprach man! Und ein Betrieb, in dem ich während meiner Gesellenjahre arbeitete, hatte im Laufe eines Jahres immerhin eine prismatische Verordnung in eine Brille umzusetzen. Alle Kollegen kamen und bestaunten das rohrunde prismatische Brillenglas. Aber es dauerte ein paar Tage, bis sich - nach Recherche und Rücksprache mit dem Glashersteller – der Meister traute, dieses Glas auch einzuschleifen.

An der SFOF gehörten prismatische Gläser zum „guten Ton“. Überrascht hörte ich in Berlin, dass so ein Prisma gar nichts Besonderes sei, ganz im Gegenteil lernte ich, dass bei JEDER Augenglasbestimmung auch eine Binokularkorrektion zu erfolgen hatte. Plötzlich eröffneten sich mir neue Horizonte: Die augenoptische Welt wandelte sich von einer Scheibe zur Kugel. Klar, dass in meinem späteren eigenen Geschäft ein Polatest hängen musste, um prismatisch messen und korrigieren zu können.

Schnell hatte ich zahlreiche Kunden mit nach MKH ermittelten prismatischen Korrektionen versorgt. Ebenso schnell zeigten sich Fachärzte für Augenheilkunde überrascht über die vielfältigen Erfolge dieser Korrektionsmethodik. Mitunter kam es auch zu Irritationen, z. B. weil die dortigen Arzthelferinnen die Brillen nicht mehr ausmessen konnten. Kenner der Materie wissen, was ich meine. Mitunter kam es auch zu Verstimmungen, insbesondere, wenn frisch korrigierte, jetzt beschwerdefreie Klienten neuer prismatischer Brillen ihren Augenarzt fragten, warum dieser denn jahrelang keine prismatische Korrektion verschrieben hatte. Schließlich war es genau das, was ihnen die vielfältigen Sehprobleme zu lösen vermochte. Es zeigte sich, dass weder in der Augenoptik noch in der Augenheilkunde das volle Potenzial auf dem Gebiet der Optometrie und des Binokularsehens ausgeschöpft war.

Angeregt und ermutigt durch zahlreiche Therapeuten, Pädagogen und Ärzte – darunter auch Augenärzte – bewarb ich mich um einen Studienplatz in Medizin. Vorbilder waren die beiden Augenärzte und „Staatlich geprüften Augenoptiker und Augenoptikermeister“, beide Absolventen der berühmten SFOF, Dr. med. Uwe Wulff und Dr. med. Kurt Wieditz. Der Bewerbungsversuch glückte, und ich schrieb mich zu Beginn des nächsten Semesters als Student der Medizin an der Frankfurter J.-W.-Goethe-Universität ein. Mit großem Eifer stürzte ich mich in den schier unüberschaubar und endlos erscheinenden Stoff der Medizin. Bedauerlicherweise entfiel gleich zu Beginn des zweiten Semesters durch den Tod meines Vaters eine große Stütze meines Geschäftes. Obwohl ich mich hierdurch nicht nur auf das Studium konzentrieren konnte, absolvierte ich alle Kurse und Prüfungen erfolgreich bis zum Physikum. Nach einer geschäftsbedingten Pause gelang auch der klinische Studienabschnitt in der Regelstudienzeit, und nach dem Praktischen Jahr sah ich mich mit dem finalen so genannten „Hammerexamen“ konfrontiert. Das war definitiv kein Spaziergang, aber auch diese Hürde konnte ich erfolgreich nehmen. Nun war ich tatsächlich approbierter Arzt!

Klar, dass ich meine Doktorarbeit in der Augenheilkunde gesucht und gefunden und bei meinem Doktorvater in der Frankfurter Universitäts-Augenklinik die Fachweiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde begonnen habe. Eine Orthoptistin der Klinik zeigte sich jedoch empört darüber, dass in dieser Klinik ein „Optiker“ zum Augenarzt ausgebildet wurde. Noch dazu einer, der zuvor bereits eigenmächtig ohne augenärztlich-orthoptische „Erlaubnis“ prismatisch korrigiert hatte. Die Aufregung war groß und die Situation für mich partiell ungemütlich. Nach einem knappen Jahr entschloss ich mich zum Wechsel und hatte das große Glück an ein Haus zu gelangen, das mit Prof. Dr. K.-H. Emmerich einen ausgesprochen weitsichtigen und klugen Chefarzt hat. Dem gesamten Team der Augenklinik des Klinikums Darmstadt, aus fachlich herausragend kompetenten und mir freundschaftlich verbundenen Oberärztinnen und -ärzten, Orthoptistinnen und Assistentenkolleginnen und -kollegen verdanke ich sehr viel für meine fachliche und persönliche Entwicklung.

So konnte ich 2018 erfolgreich meine Facharztprüfung ablegen. Als Facharzt für Augenheilkunde werde ich in meiner neuen Augenarztpraxis an zentraler Stelle in der Frankfurter Innenstadt (Liebfrauenberg 26, 60313 Frankfurt am Main) ab Januar 2020 für Rat und Tat in allen augenärztlichen, vor allem aber auch in binokularen Fragen zur Verfügung stehen.

Dr. med. Wolfgang Raab

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